Angebotsverknappung und die Junge UnionNach dem katastrophalen G7 Gipfel, bei dem im Anschluss neben Donald Trump vor allem der Premier von Kanada Justin Trudeau für Furore sorgten, ist es diese Woche auch Kanada, über das  spannende Cannabis News zu lesen sind. Offenbar herrscht im Land des Ahornblatts kurz vor der Legalisierung ein recht knappes Angebot, zumal die Kanadier bekanntlich selbst Deutschland mit Medizinalhanf beliefern. Auch eine Erhebung der EU sorgt für Aufsehen, hier steht der kaum aufzuhaltende Siegeszug vom Hanf in Europa im Fokus. Zuletzt schauen wir dann noch mal auf die Junge Union in Berlin, die fordern doch tatsächlich eine Cannabis Legalisierung!

Kanada: Gibt es genügend Cannabis für die Legalisierung?

Zum Ende des Sommers hin wird in Kanada Cannabis legalisiert. Im Vorfeld bringen sich dazu die Produzenten genauso in Stellung wie Hanfpatienten und Kiffer in freudige Erwartung, was dann auch Einfluss hat auf die Menge an Anträgen zur Lizenzierung des Anbaus von Haschisch und Marihuana. So hat das kanadische Gesundheitsministerium seit Jahresbeginn schon mehr als 70 Anträge erhalten – das sind gut 150% mehr als im gesamten Jahr 2017! In der Summe sind es mehr als 500 Anträge und trotzdem gibt es Berichte, dass die Hanfproduktion trotzdem nicht ausreichen könnte.

Legale Unternehmen versus Schwarzmarkt

Derzeit sind in Kanada ca. 100 Lizenzen für den Anbau von Cannabis ausgegeben. Diese legal operierenden Unternehmen konkurrieren jedoch weiterhin mit dem Schwarzmarkt. Wir haben jüngst schon berichtet, dass von Montreal und Vancouver aus Milliarden Dollar eingenommen werden mit dem unerlaubten Export von Hanf beispielsweise in die USA. Trotzdem reden die bekannten Produzenten von Canopy bis Aurora, die übrigens immer auch für das Thema Cannabis-Aktien wichtig sind, von einer möglichen Angebotsverknappung im Zuge der bald anstehenden, landesweiten Legalisierung.

Zwar wird eine Verdreifachung der Produktion angenommen, aber ob das ausreicht? Im Mittel gehen Experten von einem Bedarf von etwa 700 Tonnen Haschisch und Marihuana aus, darauf verweisen auch die Schätzungen der Regierung. Gut möglich, dass die Headshops in Kanada noch bis 2020 mit Nachschubproblemen kämpfen werden, auch wenn es natürlich Gegenstimmen und viel optimistischere Annahmen gibt.

Verteilung von Cannabis als eigentliches Problem?

Einige Beobachter meinen das kommende Problem beim Nachschub nicht im Anbau von Hanf, sondern in dessen Verteilung über die Dispensaries und Cannabis-Geschäfte im ganzen Land. Auch ist der Schwarzmarkt noch lange nicht überwunden, was Ressourcen und Arbeitskräfte bindet, die den legalen Verkaufsstellen fehlen. Die Bundesstaaten streiten derzeit noch über konkrete Anweisungen, wie die Hanf-Shops genau agieren sollen und dürfen! So könnte beispielsweise Ontario als großer Staat mit gut 11 Millionen Einwohnern gerade mal um die 40 legale Cannabis-Läden bekommen, zumindest am Anfang und wir können uns vorstellen, dass angesichts einer zu erwartenden massiven Nachfrage diese Anzahl nicht ausreicht. Stehen die Kiffer und Hanfpatienten also bald in langen Schlangen vor der Dispensarie wie einst die Bürger in der DDR vor dem Verkaufsstand mit Bananen?

Europa: Cannabiskonsum legt zu

Ok, die EU ist jetzt kein Land, sondern ein Verbund, aber es gibt schon so etwas wie zaghafte Ansätze zur Entwicklung einer transnationalen Drogenpolitik. Immerhin Berichte und Statistiken gibt es schon und auch wenn wir weiterhin warten auf Hilfe für Kiffer und Hanfpatienten aus Brüssel, so ist doch wenigstens so manches aktuelle Zahlenwerk zum Cannabiskonsum in Europa verfügbar. Da gibt’s eine in Abkürzung EMCDDA agierende Stelle zur Beobachtung des Drogengebrauchs in der EU und die hat jüngst erklärt, der Konsum von Cannabis lege überall zu. Rund 17 Millionen Europäer unter 34 Jahren kiffen mindestens ein pro Jahr! Unterschiede sind vor allem regional bedingt: In Frankreich mit zahllosen Flüchtlingen aus Nordafrika kiffen gut 20%, während im ungarischen Reich des Viktor Orban gerade mal um die 3% der jüngeren Leute zum Joint greifen.

Regelmäßiger Gebrauch von Hanfprodukten im Fokus

Etwa ein Prozent raucht täglich – das sind in der Summe etwa 5 Millionen EU-Bürger! Der europäische Drogenbericht geht dabei auch auf Behandlungen ein, die von mehr als 100.000 Leuten etwa bei Suchtgefahren in Anspruch genommen werden. Das ist ein ordentlicher Anstieg in den letzten gut zehn Jahren, aber natürlich hat die Akzeptanz von Cannabis in Europa zugenommen und es gibt wie bei jeder Art Droge immer Leute, die daran zerbrechen oder den Konsum nicht kontrollieren können. Leider finden sich im Bericht keine echten Stellungnahmen oder Empfehlungen und die EU erweist sich beim Thema Cannabis als zahnloser Tiger, immer der Zustimmung einzelner Nationalstaaten mit häufig idiotisch konservativer Drogenpolitik nachhechelnd.

Deutschland: Junge Union fordert Cannabis-Legalisierung!

Zunächst haben wir uns die Augen gerieben, als der Antrag der Jungen Union Berlin publik wurde, nach dem eine Legalisierung von Cannabis im Fokus stehen sollte. Die CDU? Konservative fordern Hanf? Aber ja, es ist tatsächlich beschlossen worden und wir haben uns diesen Antrag zur „Zielgerichteten Reduktion des Cannabiskonsums“ mal genauer angeschaut.

Der böse Kiffer und die überforderte Polizei

Selbstverständlich verbleibt auch die modernste und realistischste Junge Union im Duktus der Konservativen: Im Antrag zur Freigabe von Haschisch und Marihuana wimmelt es nur so von Hinweisen auf die Gefahren von Cannabis und eine Abgabe durch Apotheken wäre auch nur zulässig, weil die Polizei auf der Straße viele andere Aufgaben zu erfüllen hätte. Immerhin: Die CSU in Bayern schreit meistens erstmal nach mehr Cops, die dann schön den Bürger überwachen und so ist die Forderung der jungen Konservativen aus Berlin ein Fortschritt in der Kakophonie die Anti-Hanf Fake News und Scheinargumente.

Abgelehnt werden Coffee-Shops, Dispensaries und damit die in den USA sehr erfolgreichen und beliebten Fachgeschäfte für Cannabisprodukte. Gras soll nur in der Apotheke zur Verfügung stehen und ein Schelm ist, wer hier gleich an die kriminell hohen Preise der Pharmalobby denkt, die derzeit selbst für schwerkranke Patienten beim Cannabis aufgerufen haben. Die CDU und Big Pharma, das passt schon immer und die Junge Union zeigt sich als Gralshüter bestmöglicher Mauschelei.

Selbstverständlichkeiten als große Erkenntnisse

Wenn ihr Euch das Papier vom Berliner Landesausschuss mal durchlest, dann fällt schnell der gönnerhafte Ton auf, mit dem die CDU ohnehin nach Gutsherrenart am liebsten durchregiert. Es geht der Jungen Union nicht um eine Debatte, sondern lediglich um eine Entlastung der Polizei und obwohl sich das natürlich nicht vermitteln lässt, scheint überall auch immer der eigentlich zu verurteilende Kiffer durch. Feindbilder müssen selbst im Wandel gepflegt werden und mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich hier nur um Tontaubenschießen.

Sich in Berlin offen gegen Cannabis stellen ist fast schon politischer Selbstmord und das hat nun nach langen Jahren der lachhaften Unkenntnis und Ignoranz auch die CDU erkannt, allerdings eben nur im wahrscheinlich unwichtigsten Verband überhaupt. Es ist selbstredend sinnvoll organisierte Kriminalität beim Cannabis zu bekämpfe und Minderjährige sollen nicht kiffen dürfen, aber haben wir das nicht schon vor zehn Jahren als Selbstverständlichkeit bestimmt? Hechelt die Junge Union dem Zeitgeist hinterher oder sind das echte, konsequente Stellungnahmen, für die die Nachwuchspolitiker auf dem nächsten Parteitag kämpfen werden?