Cannabis-Studie aus dem BundesgesundheitsministeriumEndlich bekommen wir auch mal wissenschaftliche Fakten in Deutschland serviert, wenn es um die Legalisierung von Cannabis geht und natürlich haben wir uns die neue, großangelegte Cannabis-Studie aus dem Bundesgesundheitsministerium mit dem Arbeitstitel „Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse“ ganz genau angeschaut. Die freudige Erwartung auf neue Fakten, die für eine realistische und faire Drogenpolitik den Weg freimachen, wich allerdings schnell der Ernüchterung! Die Studie ist extrem parteiisch und liest sich teilweise wie ein Gesundheitspapier der CSU, so dass Kiffer und auch Patienten nicht unbedingt viel davon erwarten sollten.

In der Summe jedenfalls konstatieren die Mitarbeiter der forschenden Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in München als Auftragnehmer der Studie:

  • gut 7 % aktive Kiffer in der Europäischen Union und etwa 6 % in Deutschland,
  • einige lohnenswerte Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der Medizin von Schmerzen bis hin zur Bekämpfung von Übelkeit,
  • die besondere Gefährlichkeit der Legal Highs, wobei die Risiken dieser Substanzen ohnehin bekannt sind und es absurd erscheint, warum das immer wieder mit Haschisch und Marihuana vermischt wird,
  • die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen, die dann vor allem Aufschluss geben können über Behandlungsempfehlungen für Ärzte, die Medizinalhanf verschreiben.

Natürlich wurde auch pflichtbewusst dem Gender Mainstreaming viel Zeit gewidmet, wobei kein Kiffer und Patient versteht, was dieser Aspekt nun in einer Forschungsstudie über Cannabis zu suchen hat! Das Geld und die Zeit wären wohl sinnvoller investiert gewesen in ein wenig mehr Recherche hinsichtlich neuer Entwicklungen in Ländern, die bereits sehr positive Erfahrungen machen mit legalem Hanf, aber gut – es ist ja auch wichtig zu wissen, warum Frauen kiffen, wann Männer am Joint ziehen und vielleicht bekommen wir auch bald eine LGBT-Studie zum Gebrauch von Hanfprodukten.

Hintergrund der Cannabis-Studie aus dem Bundesgesundheitsministerium und verwendetes Material

Angeblich haben die Auftragnehmer fünf internationale Datenbanken mit mehr als 27 Millionen Einzelpublikationen gesichtet und davon dann gut 2000 relevante Artikel ausgewählt. Wer´s glaubt wird selig, aber vielleicht können diese Wissenschaftler in 2 Jahren tatsächlich fair sichten und Relevanz erkennen, das lassen wir mal dahingestellt. Man konstatiert dann auch gleich zum Einstieg die Zunahme der Erforschung der Cannabinoide in den letzten 25 Jahren, es wird auf das körpereigene Endocannabinoid-System verwiesen und auf die seit einiger Zeit verstärkt erfolgende Untersuchung des Kiffens als nicht medizinisch angezeigte Indikation. Was kommt dabei raus?

Cannabis als Genussmittel: Risiken statt Chancen?

Natürlich liegt es den Wissenschaftlern fern, juristische Empfehlungen zu geben, aber wer diesen Abschnitt gleich mal mit „Risiken“ allein und eben nicht mit den positiven Möglichkeiten einer Legalisierung überschreibt, dessen tendenziöse und in diesem Fall wohl politisch gewiesene Motivation ist schnell ersichtlich. Und so wird dann in einer Richtung allein beschrieben und nach Auffassung der Forscher finden sich:

„Eindeutige Einschränkungen in der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik [, außerdem bedeute ein] regelmäßiger und häufiger Cannabiskonsum globale Defizite der Kognition, insbesondere der Gedächtnisleistung.“

Freilich ist das weniger schlimm, schließlich heißt es gleich ein paar Sätze weiter:

„Eine geminderte Intelligenz im Zusammenhang mit regelmäßigem Cannabiskonsum konnte nicht konsistent belegt werden. Kognitive Funktionsdefizite durch chronischen Cannabiskonsum scheinen vorübergehend zu sein.“

Immerhin hat man das nun auch offiziell in Deutschland erkannt und in Zukunft wird die Bundesdrogenbeauftragte nicht einfach so von dummen Kiffern und für die Intelligenz gefährlichem Hanf schwätzen können!

Auch bei den gesundheitlichen Gefahren müssen die Forscher politische Allgemeinplätze revidieren. Lunge, Herz, Hirn und Nieren werden kaum belastet, zumindest langfristig und auch wenn hier immer auf die Evidenz der Untersuchung verwiesen wird – das sind sicher recht gute Nachrichten für Kiffer, auch wenn in diesem Papier erneut der Mythos von den Cannabis-Toten nicht ad acta gelegt wird:

„Ob Cannabiskonsum einen Einfluss auf die Gesamtmortalität hat, wird in den Studien nicht einheitlich beantwortet und eine direkte Schlussfolgerung ist nicht möglich.“

Fahrsicherheit und psychosoziale Folgen

Klar wird gesagt, dass der akute Konsum von Haschisch und Marihuana das Verkehrsunfallrisiko erhöht. Ok, das war irgendwo klar, schließlich handelt es sich um eine Rauschdroge, aber uns gefällt das Wörtchen „akut“, das ist ein Hinweis, dass Kiffen und dass Cannabis im Blut möglicherweise scho bald nicht mehr einfach zum Entzug des Führerscheins führt! Möglicherweise gibt es Grenzwerte wie beim Alkohol und das wäre ein echter Fortschritt.

Wer frühzeitig im Teenageralter kifft, der hat mitunter schlechtere Bildungschancen und die Forscher sind sich auch nicht zu fein, ein wenig in der Kiste mit den ganz alten Vorurteilen zu wühlen:

„[…] zu wenige empirische Daten liegen bezüglich Cannabis-assoziierter Auffälligkeiten im Sozialverhalten, der Straffälligkeit sowie der familiären, beruflichen und wirtschaftlichen Entwicklung vor.“

Offenbar ist es selbst dem Bundesgesundheitsminister zu blöd, die eigene verfehlte Drogenpolitik hier großartig einzubinden, denn es ist ja eine Binsenweisheit, dass vor allem die Kriminalisierung von Cannabis zu entsprechenden beruflichen und wirtschaftlichen Nachteilen führt! Die konstatierten Angststörungen und psychotischen Probleme könnten also bei einem Cannabiskonsum sehr wohl auch auf die soziale Ächtung der Droge zurückzuführen sein und wir dürfen gespannt schauen, wie sich die verantwortlichen Politiker aus diesem Kreislauf herauswinden.

Abhängigkeitspotential von Cannabis

Während in Deutschland Millionen Leute viel zu viel saufen und daran jährlich zehntausende zugrunde gehen, wird dem Cannabis eine Menge Aufmerksamkeit geschenkt, um dessen vorgebliches Suchtpotential herauszustellen. Freilich hat hier die Studie nur Allgemeinplätze zu bieten, die wir auch in jeder gut recherchierten Tageszeitung nachlesen können. So ist gemeinhin bekannt, dass in der EU Hanf die mit Abstand am häufigsten konsumierte Droge ist. Für solcherlei „Erkenntnisse“ gibt die Bundesregierung Steuergelder aus? Besonders grotesk ist der Hinweis, dass die Behandlungszahlen bei Problemen mit Cannabis steigen, weil ja auch die Menge der Konsumenten zulegt! Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose?

Die größten Risiken liegen laut Forschung daher bei den Faktoren:

  • männliches Geschlecht (auch wenn wiederholt auf die fehlende Evidenz geschlechterspezifischer Unterschiede verwiesen wird!)
  • junges Alter bei Erstkonsum
  • Häufigkeit des Konsums
  • Co-Konsum mit Tabak

Sonderfall Synthetische Cannabinoide: Ziemlich ratlos macht auch der Umstand, dass die Wissenschaft ziemlich unsachlich Legal Highs und Gras in einen Topf wirft und in der gleichen Studie untersucht, was zweifellos ein propagandistischer Schachzug ist. Sofort wird von „Intoxikation“ gesprochen, von massiven Risiken und Gefahren, die sich für den weniger sachkundigen Leser zu einer Einheit mit dem zuvor und danach besprochenen natürlichen Cannabis vermischen soll! Das ist bewusste Irreführung, zumal damit auch klar wird wie offensichtlich die Politik versagt. Legal Highs sind eben in manchem Head Shop zu haben und die Leute dosieren das völlig falsch, was dann nicht selten zur Einlieferung in die Notaufnahme führt! Während also das auch in der Studie als viel weniger gefährlich eingeschätzte Haschisch und Marihuana strengstens verboten ist, kann sich jeder Spice und Badesalz problemlos im Internet kaufen und allein für diese absurde Situation sollte man die Verantwortlichen im Ministerium einsperren.

Cannabis als Medizin

Den zweiten großen Abschnitt der Studie bilden Untersuchungen zum Einsatz von Medizinalhanf. Dieser kann bekanntlich seit dem Frühjahr 2017 beim Arzt gegen Rezept beantragt werden, aber die Hürden sind hoch und die meisten Mediziner haben auch gar keine Ahnung, weil aus dem Gesundheitsministerium bis dato eben noch keinerlei Hinweise und Behandlungsempfehlungen verfügbar sind! Ob die Studie nun daran so schnell etwas ändert, ist fraglich, aber immerhin verweisen die Wissenschaftler auf die Wirksamkeit von Cannabis bei:

  • chronischen Schmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Epilepsie
  • psychischen Erkrankungen, wobei hier die Stichprobengröße zu gering ausfällt

Ihr seid also gut beraten, Euch im Gespräch mit dem Arzt momentan vor allem auf diese Leiden zu beziehen und Ihr dürft gerne auf die Studie verweisen, da hat der Onkel Doktor schon mal ein offizielles Dokument zur Hand und das kann bei der Verschreibung von Cannabis als Medizin helfen.

Schlussfolgerung und Empfehlungen für die Politik

Im Grunde genommen müsste Gesundheitsminister Gröhe einfach öfters mal die Zeitung lesen oder auch mal ein Fachjournal, dann wüsste dieser CDU Politiker eigentlich alles, was nun in jahrelanger Forschungsarbeit offenbar recht mühsam zusammengetragen wurde. Aber die Bundesregierung unter Merkel setzt in allem und jedem stets auf die größtmögliche Verzögerung, so dass nun erstmal auf die Notwendigkeit weiterer Studien verwiesen werden dürfte! In dem Papier klingt das so:

„Zusammenfassend belegen die evidenzbasierten Faktenein erhöhtes Risiko für negative psychische, organische und soziale Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Freizeitgebrauch von Cannabis. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit geeigneter Maßnahmen zur Aufklärung, Prävention und Risikominimierung und insbesondere zum Schutz von Jugendlichen. Die evidenzbasierten Fakten können auch die gesellschaftliche Diskussion um die juristische Bewertung der Substanz Cannabis bereichern.“

Nebenwirkungen durch Cannabis sind in der Regel transient, also nicht schwerwiegend und vorübergehend und auch wenn viel unnützes Material gewälzt wurde, ist die Studie schon eine gute Handhabe für Kiffer, Patienten und Ärzte. Ganz konkret erhoffen sich die Forscher aus der Fortführung der Untersuchungen nicht nur ein dickes Budget, sondern eben auch

„[…] die Entwicklung von Behandlungsempfehlungen zum Einsatz von Cannabisarzneimitteln bei unterschiedlichsten Indikationen […].“

Darauf lässt sich aufbauen, oder? Was ist Eure Meinung zur Studie?

Quelle: Studie Bundesgesundheitsministerium